August Beckedorf


 

 
Die Schlachtstaffeln
Die Ahnen der Stukas und Jagdbomber

 

Eins der Ergebnisse der Sommeschlacht war, dass man die Notwendigkeit einsah, die Arbeitsflugzeuge (Aufklärer, Artillerie-Flugzeuge) direkt zu schützen. Aus dieser Notwendigkeit entstanden die sogenannten „Schutzstaffeln“. Als Flugzeuge wurden zweisitzige C - Flugzeuge verwendet. Später wurden diese durch erleichterte C - Flugzeuge, die sogenannten CL - Flugzeuge ersetzt. In der Konstruktion solcher Maschinen taten sich zunächst die Hannoversche Waggonfabrik und die Halberstädter Flugzeugwerke hervor. Gegen Ende traten auch noch die von Junkers herausgebrachten CL I. (J.10) hervor, die sich hervorragend bewährten. Die Hannoveraner, Konstruktionen des alten deutschen Flugpioniers Dornier, erfreuten sich nicht der gleichen Beliebtheit wie die leichten Halberstädter. Diese, kaum größer als normale Jagdeinsitzer, waren durch ihre Schnelligkeit und Wendigkeit besonders für die ihnen zugedachte Aufgabe geeignet. Die „Schutzstaffeln“ waren also im Grunde genommen eine reine Defensivwaffe. Erst durch den Zwang der militärischen Ereignisse ergab sich hieraus eine intensive Tätigkeit.
 

 
Eduard Wolfgang Zorer





Station/Rang     Zeitraum
Oberleutnant
FFA 54             Feb1915 - Sep1915
Hospital            Sep1915
FFA 31             Nov1915 - 24Nov1916
KG 5/Ks 25 C.O. 24Nov16 - 01Jan1917
Schusta 7  C.O. 01Jan17 - 13Jun1917
Hauptmann
Hospital            13Jun17 - 23Jun1917
Idflieg               23Jun17 - Jul1917
KG 1/Ks 1   C.O. Jul1917  - 01Sep1917
gefangen genommen

 
   

Während der Abwehrschlachten im Frühjahr 1917 war am 24.04.1917 die Schutzstaffel 7 in der Gegend von Gravelle eingesetzt. Der Führer der Staffel, Hauptmann Zorer, der mit einer zweiten Maschine eine Artillerie-Beobachtungsmaschine bei ihrer Arbeit zu schützen hatte, bemerkte, dass eine zum Gegenstoß angesetzte deutsche Infanterie-Einheit im feindlichen MG- und Granatwerferfeuer steckenblieb. In richtiger Einschätzung der Lage überließ Zorer den Aufklärer seiner Begleitmaschine und stieß hinunter auf die von ihm beobachtete Stelle. Die Infanteristen hatten das Herankommen der Maschine bemerkt. In etwa 150 Meter Höhe raste der Doppeldecker über sie hinweg auf die feindlichen Gräben zu. Dann sahen die im Dreck steckenden Infanteristen, wie der Beobachter der Maschine systematisch die MG-Nester, die ihnen so zu schaffen gemacht hatten, von oben unter Beschuss nahm. Dann kehrte die Maschine zurück und flog, trotz wütenden Feuers aus den Gräben, nochmals an. Jetzt hatte man erkannt, was Zorer wollte. Als er wieder anflog und die feindlichen MGs zur Feuerpause zwang, stürmten die Infanteristen vor und erreichten den feindlichen Graben ohne wesentliche Verluste. Auf diese Art und Weise wurde das an den Vortagen verlorene Gelände zurückerobert. Das war die Geburtsstunde der Schlachtstaffeln.

 

Aus der Zusammenarbeit mit der Infanterie, die sich immer mehr einspielte, ergab sich dann im Herbst die Tatsache, dass die Schlachtstaffeln ähnlich der Feuerwehr an Gefahrenpunkten eingesetzt wurden und an den letzten Abwehrerfolgen des Jahres 1918 namhaften Anteil hatten. Ein Schlachtstaffel, wie sie ab Frühjahr 1918 im Einsatz war, bestand aus 6 Flugzeugen, meistens vom Typ Halberstadt CL II oder CL IV, unter Führung eines Leutnants oder Oberleutnants. Die Flugzeugführer waren meistens Unteroffiziere oder Vizefeldwebel. Die Fliegerschützen waren entweder Unteroffiziere oder Angehörige des Mannschaftsstandes. Daß diese Fliegerschützen nicht nur den Tiefangriff beherrschten, mag durch die Tatsache bewiesen werden, dass es der Vizefeldwebel Gottfried Ehmann fertigbrachte, von ihn angreifenden feindlichen Jägern insgesamt zwölf Maschinen abzuschießen.

 

Während der Rückzugskämpfe im September 1918 hatten die Schlachtstaffeln ihre große Zeit. Am 6. September musste Peronne aufgegeben werden. Bereits 3 Wochen vorher wurde festgestellt, dass zwischen Arras und Soissons 6 englische und französische Armeen zum Angriff bereitstanden. Die Abwehrschlacht in diesem Raum erreichte ihren Höhepunkt am 20.08.1918. Nachdem zuerst die deutsche IX. Armee dem feindlichen Druck weichen musste, begann auch um den 24.08. die XVII. Armee zurückzugehen. Die dadurch entstehenden Lücken zwangen auch die II. und die XVIII. Armee, die selbst in der Abwehr erfolgreich gewesen waren, zum Rückzug. Hierzu waren bereits die Wotan-Stellung zwischen Lille und Douai und die Siegfried-Stellung vorbereitet worden. Wenige Tage nach Räumung von Peronne gelang es einer englischen Division, von Port aus auf Brie und St. Christ vorzupreschen, wo gute Brücken über die Somme führten. Das Schlachtgeschwader, bestehend aus 4 Staffeln, wurde alamiert, um die unter starken Druck stehenden Erdtruppen bei der Abwehr dieser gefährlichen Bedrohung zu unterstützen. Die 24 Flugzeuge flogen in nur etwa 500 Meter Höhe dem Ziel entgegen. Kurz hinter Cambrai wurde auf ein Raketenzeichen des Geschwaderführers die Angriffsformation gebildet, d.h. 2 Staffeln flogen in Linie, also 12 Maschinen, eine neben der anderen. Die beiden anderen Staffeln bildeten eine 2 Linie. Als die Maschinen an dem brennenden Peronne vorbeiflogen - sie waren inzwischen auf etwa 150 Meter heruntengegangen - konnten sie bereits erkennen, dass die Engländer schon auf den Brücken waren und endlosen Kolonnen sich darüber ostwärts wälzten. Wie die apokalyptischen Reiter stürzten die braven Halberstädter sich darauf. Der geschlossene Angriff mit Maschinengewehr, Splitterbomben und geballten Ladungen löste eine Panik aus. Besonders auf der Brücke selbst war die Hölle los. Durchgehende Pferde sprangen über die Geländer und rissen Fahrzeuge und Menschen mit sich. Knäuel von ineinander verfilzten Tieren, Menschen und Geräte wälzten sich auf den Straßen zu und von den Brücken. Wer noch konnte, versuchte von der Straßen herunterzukommen und irgendwo Deckung zu suchen. Die Schlachtflugzeuge ruhten nicht eher, bis die letzte Patrone verschossen und die letzte Bombe geworfen war, dann flogen sie zu ihrem Flughafen zurück. Die Bodenmannschaften eilten zu den Maschinen, und kurze Zeit darauf startete das Geschwader zum zweiten Male. Diesmal erwarteten die Engländer den Angriff. Wütendes Abwehrfeuer prasselte den Angreifern entgegen. Auch englische Jagdflieger griffen in den Kampf ein. Eine Sopwith „Camel“ geriet in das Kreuzfeuer von 2 Halberstädtern und zerplatze förmlich in der Luft. Ihr Kamerad machte, dass er wegkam. Aber auch die Schlachtflieger mussten Haare lassen. Das stellte sich aber erst nach der Heimkehr von diesem zweiten Angriff heraus. Zwar kehrten alle Besatzungen zurück, aber so mancher blutete nicht nur aus einer Wunde.

Und das Ergebnis: Der Vormarsch der englischen Division war soweit abgebremst worden, dass es der deutschen Infanterie gelang, wieder Fuß zu fassen und in Ruhe die Siegfried-Stellung zu beziehen. 2 Monate später war trotzdem alles zu Ende.

 

Der Verfasser